SY Danja

Willst du segeln gehen, musst du erst die Leinen lösen…

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Connecticut River

Oktober 14th, 2022 · No Comments · Logbuch, Segelzeit

Der Connecticut River ist mit 653 km Neuenglands längster Fluss, sein Einzugsgebiet umfasst Teile von vier Bundesstaaten und einer Provinz Kanadas und ist in etwa so groß wie das Bundesland Brandenburg. Die 520 m³/sec Süßwassereintrag in den Long Island Sound machen 70% dessen gesamten Frischwassers aus. Besonders im Frühjahr transportiert der Connecticut River große Mengen Sediment. Die daraus entstandenen Sandbänke und Barren im Bereich der Mündung sind Grund dafür, dass dort keine größere Stadt entstand, eine Ausnahme in den USA. Die erste Großstadt, 72 km oberhalb der Mündung, ist die Hauptstadt Connecticuts, Hartford.

Der Connecticut River empfiehlt sich deshalb als Naturparadies, in seinem Unterlauf unberührt, eingebettet in Hügel und Wälder, seit 2012 erster – und einziger – National Blueway.

Die Hurricanesaison dauerte noch länger, wir konnten uns also Zeit nehmen, für eine Flussfahrt, vielleicht bis hinauf nach Hartford. Erst dort weisen die festen Brücken nicht mehr genügend Durchfahrtshöhe für uns auf. Auch sollten uns die steilen Ufer des Flusses guten Schutz vor Schlechtwetter-Fronten bieten. So ist zum Beispiel die Hamburger Cove, eine Meile nördlich von Essex, ein bekanntes Hurricane Hole.

Wir erreichten die Mündung des Connecticut River am 30. September und fuhren zunächst flussaufwärts bis Essex, wo wir eine aufziehende Front mit Starkwind und viel Regen abwettern wollten. Essex gilt als „Perfekte Amerikanische Kleinstadt“. Der historische Kern des Ortes wirkt tatsächlich wie eine Open-Air-Museumsstadt, die ihren über 200 Jahre alten „Look“ weitgehend bewahrt hat. Großen Bekanntheitsgrad hat wohl das Griswold Inn, auch „The Gris“ genannt, das Reisende seit 1776 beherbergt. Es gibt Kaffees, Restaurants, Modeläden und Kunstgalerien – aber leider keinen Supermarkt mehr. Der hat schon vor einiger Zeit zugemacht.

Sehenswert, neben dem an unserem Besuchstag geschlossenen River Museum, ist die „Valley Railroad Company“. Mit historischen Waggons, Lokomotiven und einer echten Dampflokomotive werden nach handgeschriebenem Fahrplan Ausflüge zwischen Essex und Haddam angeboten, incl. Dinnerfahrten und Nordpolexpress. Letzterer für 2022 bereits ausgebucht.

Nach zwei Regentagen wünschten wir uns neue Ausblicke. Wir liefen weiter flussaufwärts, nach Chester. Der Ort sieht nicht ganz wie ein Museum aus, dafür gibt‘s aber alle Dinge des täglichen Gebrauchs und einen Supermarkt, wo wir unsere Vorräte an Frischwaren wieder auffüllen konnten. Unser Ankerplatz vor dem Chester Creek lag in Dinghy-Entfernung des Gillette Castle State Parks. Das Gillette Castle, erbaut von Willian Hooker Gillette, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller, liegt auf dem südlichsten Hügel einer die Sieben Schwestern genannten Hügelkette. Neben dem Castle, das leider bereits für die Saison geschlossen hatte, gibt es einige Wanderwege durch die Wälder des State Parks, mit vielen wunderschönen Ausblicken über die Landschaft und natürlich den Connecticut River.

Am 7. Oktober gingen wir wieder Anker auf. Wir wollten weiter Richtung Middletown/Portland. So weit kamen wir dann aber leider nicht. An der East Haddam Swing Bridge war nach 5 sm wieder Schluss. Die Brücke, über 100 Jahre alt, war kaputt. Wir machten am Steg des Eagle Landing State Park fest, wo bereits andere Segler, auf dem Weg in ihr Winterlager, auf Neuigkeiten des Brückenwärters warteten. Von ihnen erfuhren wir, dass die Brücke schon länger kränkelt. Die Öffnungszeiten, bereits auf 2 pro Tag reduziert, seien eher Wunschdenken als verlässlicher Plan. Alle rieten uns davon ab, die Brücke flussaufwärts zu passieren. Es bestünde durchaus die Gefahr, für den Winter auf dem Connecticut River stecken zu blieben. Es ist immer klug, den Rat der Einheimischen zu befolgen. Als die Schiffe bei einer Test-Öffnung ihre Chance ergriffen und nach Norden fuhren, blieben wir zurück. Planänderung. Ist ja nichts Neues.

Neben der historischen Drehbrücke, bei Inbetriebnahme übrigens weltweit die längste ihrer Art, befindet sich am östlichen Ufer das Goodspeed Opera House, Geburtsort des amerikanischen Musicals. Hätte man hier, fern jeglicher Großstadt nicht erwartet. Leider waren kurzfristig keine Tickets für das relativ kleine Theater erhältlich. Auf Wochen im Voraus ausgebucht. Kennen wir ja schon.

Darüber hinaus wird es schwer, die Umgebung zu erkunden. Gehwege gibt es weit und breit keine, von einer Querung des Flusses über die Drehbrücke sahen wir auch ab, denn die zwei Fahrbahnen hätten wir uns mit den zahlreichen Autos teilen müssen. War uns zu riskant.

Wir blieben eine Nacht am Steg des State Parks, warteten auf die ablaufende Tide und machten uns wieder auf den Weg flussabwärts. Im Deep River füllten wir noch etwas Diesel nach, fassten Wasser und leerten den Holding Tank und segelten dann ab Essex bis Old Saybrook, an der Mündung des Connecticut Rivers. Dort gibt es kostenlose Mourings, ein Dinghydock und gute Versorgungsmöglichkeiten im Ort.

Old Saybrook ist definitiv einen Besuch wert. Selten für die USA, ist die Main Street sehr großzügig angelegt, die Gastronomie hat Außenbereiche auf den breiten Gehwegen, die, trotz des kühlen Wetters gut besucht sind. Eine derart lebendiges Stadtzentrum haben wir bisher in den Staaten selten gesehen.

Nach zwei Tagen verließen wir am 10. Oktober, wieder einmal getrieben von einer vorhergesagten Schlechtwetterfront, den Connecticut River in Richtung Westen.

Was bleibt in Erinnerung?

  • Der Connecticut River mit seinen vielen Seitenarmen und Zuflüssen ist ein herrliches Revier, für das man locker einen Monat einplanen kann.
  • Der Lärm der vielen Motorboote, Jetskis und Wasserflugzeuge (!) stören die Idylle nachhaltig. Man braucht gute Nerven.
  • Das Ankern ist über den zahlreichen Sandbänken unproblematisch, den stärksten Ebb-Strom (über 2 kts) erlebten wir vor Essex. Der Anker hielt immer und kam sauber wieder hoch. Angenehm!
  • Das Frischwasser putzt das Unterwasserschiff blitzblank.
  • Für uns wanderbegeisterte Deutsche gibt es zu wenig Auslauf. Wandergebiete beschränken sich auf die relativ kleinen State Parks, ansonsten bleibt viel zu oft nur die Straße.
  • So ziemlich alles, entlang der Ufer, ist (US-)historisch. Da gibt es viel zu entdecken.
  • Im Herbst kann es schon recht kalt werden. Wir nahmen unsere Heizung erstmals seit Verlassen Deutschlands in Betrieb und waren froh, sie zu haben.

Mehr Bilder vom Fluss findest du wie immer im Fotoalbum.

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