SY Danja

Willst du segeln gehen, musst du erst die Leinen lösen…

SY Danja random header image

Atlantiküberquerung

Dezember 25th, 2021 · No Comments · Logbuch, Segelzeit

Freeman Bay, English Harbour.

Es ist geschafft! Mit reichlich Wind und Welle auf dem Weg liefen wir 20 Tage und 4 Stunden nach dem Auslaufen aus Puerto de La Estaca, El Hierro, am 20.12.2021 in English Harbour, Antigua and Barbuda ein. Im ruhigen Wasser der Freeman Bay bauten wir zunächst die Passatbäume ab und suchten uns anschließend für‘s Einklarieren einen Ankerplatz, was sich als etwas länger hinzog, als gedacht, denn unsere Ankerfernbedienung weigerte sich beharrlich außerhalb Europas zu funktionieren, letztes technisches Problem dieser Überquerung. Es folgte überraschend schnell und unkompliziert der Healthcheck und das Einklarieren in Englisch Harbour und danach endlich das verdienten Anlegerbierchen vor der herrlichen Kulisse der Freeman Bay.

Crew:
Zweihand über den Atlantik ist kein Spaziergang, das war uns vorher klar. Nur zwei oder drei Tage boten das so oft beschriebene, schöne Passatwindsegeln, mit gleichmäßiger Schiffsbewegung und vollen Segeln. Der Rest war echt anstrengend. Überlagernde Dünung und Windsee erzeugten unangenehme Kreuzseen mit entsprechend heftiger, kaum kalkulierbarer Schiffsbewegung und permanenter Geräuschkulisse des – trotz guter Polsterung – hin und her rutschenden Inventars. Ohne zwei Haltpunkte war an Bewegung im Schiff nicht zu denken. Mit einhändigem Balancieren riskierte man unweigerlich den Abflug zu machen. Wir hielten durchgehend 4-Stunden-Wachen, mit Sonnenuntergang begann jeweils die erste Nachtwache. Hat sich für uns bewährt. „Schlaf“ fanden wir am besten im Durchgang zur Heckkabine, tiefste Stelle im Schiff und gut Schulterbreit, guter Schutz also, unfreiwillig hin und her gerollt zu werden. Mehr als 2-3 Stunden Schlaf pro Tag kamen dabei trotzdem nicht zusammen. Essen hatten wir reichlich, zumeist jedoch kalt, in Form von Salaten, später als belegte Brote mit Käse, Dosenwurst und hartgekochten Eiern.

Schiff:
Das Vertrauen in unsere Glacer 363 ist mit der Atlantiküberquerung weiter gewachsen. Stehendes und laufendes Gut, Beschläge, Luken, Dichtungen, Einrichtung, Segel, alles hat den Törn ohne jegliche Schäden mitgemacht. Nur ganz, ganz selten, fanden einige Spritzer Salzwasser, von am Heck brechenden Wellenkämmen, ihren Weg ins Cockpit. Durchs Wasser bewegte sich unsere Lady stets weich und sicher, nur sehr selten sorgte Wellenschlag für einen lauteren Rumms, der das ansonsten entfernt klingende Rauschen des Wassers entlang des Rumpfes durchbrach.

Technik:
Ein guter Freund sagte einmal, dass alles was kaputt gehen kann, auch kaputt gehen wird. Können wir bestätigen. Am zweiten Tag kam es zu einem Leck in der Treibstoffzuleitung unseres Herdes. Der Schlauch gehört nicht zu den empfohlenen Ersatzteilen für unseren Herd, Ersatz also nicht an Bord. Mit 3 Wochen vor dem Bug dachten wir ernsthaft an Abbruch oder einen Zwischenstopp auf den Kapverden, denn ausschließlich kalte Küche war für mich schon fast eine Notlage. Ein Workaround war jedoch an Bord: Ein Primus Omnifuel Campingkocher. Der ließ sich auf unseren Herd schrauben und garantierte – wenn auch wenig im Einklang mit der Gebrauchsanweisung – halbwegs sicheres Kochen. Unsere Windfahnensteuerung kam während des Törns ausgiebig zum Einsatz. Mit Passatsegel ist man stets perfekt getrimmt unterwegs, entsprechend gut hielt unsere Windpilot Pacific den Kurs bis 160° Windwinkel. Nur für Kurse mit niedrigerem Windwinkel bevorzugten wir die Präzision unseres elektrischen Autopiloten. Dass sich an der Windfahnensteuerung aber nach zwei Tagen die Schrauben lösten, kam überraschend. Dank starker Rollbewegungen bekamen wir das Pendelruder aus dem Wasser und konnten die losen Teile wieder sichern. In der Folge wurde das tägliche „Ausschalten“ der Windfahnensteuerung und überprüfen aller Schraubverbindungen, bäuchlings mit dem Oberkörper über dem Heck des Schiffes liegend, zur Routine. Das Manual warnt, aufgrund der hohen Hebelkräfte, vor Arbeiten an einer sich im Betrieb befindlichen Anlage. Keine Ahnung wie sich der Hersteller das mit dem „regelmäßigen“ Prüfen gedacht hatte. Spaßfaktor: Sehr gering.
An Tag 10 nahmen wir unseren Wassermacher in Betrieb. Auf der Überfahrt nach El Hierro hatten wir ihn zuvor getestet, dummerweise aber nicht die Qualität des produzierten Wassers geprüft. Das schmeckte nämlich plötzlich total brackig. Die lange Ruhezeit war ihm, obwohl wir die empfohlenen Wartungs- und Reinigungsarbeiten penibel eingehalten hatten, nicht bekommen. An Tag 11, die Wetterbedingungen waren ok, beschäftigten wir uns deshalb mit einer neuerlichen chemischen Grundreinigung der Anlage und Membrane. Seither geht‘s wieder, mit dem Geschmack, ein weiteres Problem war vorerst gelöst.
Am Tag 14 gab der Antriebsmotor des Autopiloten nach einigem Knacken den Geist auf. Vermutlich Getriebeschaden. Für uns war der AP kritisches Element eines jeden langen Törns, zumal wir mit unserem Windpiloten auf anderen als Vorwindkursen gemischte Erfahrungen gemacht hatten. Deshalb war Ersatz an Bord. Knapp drei Stunden dauerte der Tausch, wobei besonders der Umbau des Zahnrads vom kaputten auf den neuen Motor Zeit kostete. Bei achterlichen Winden von 25, in Böen 30 Knoten aber keine schlechte Leistung.
Zur Ankunft, fiel dann, wie zuvor beschrieben die Fernbedienung unserer Ankerwinsch aus. Auch hier hatten wir Ersatz an Bord, da die alte bereits über 10 Jahre in Benutzung war.

Navigation und Wetter:

Obwohl rückblickend ein direkter Kurs von El Hierro nach Antigua möglich gewesen wäre, folgten wir zunächst dem klassischen Routing südwärts bis zum 20. Breitengrad, dann, bei unverändert guten Bedingungen, setzten wir Kurs direkt Antigua und Barbuda ab. Dabei unterstütze uns unser Sohn Daniel als „drittes Crewmitglied“, von Deutschland aus mit aktuellen Wetterdaten und Vorhersagen über InReach. Auf dieser Route vielleicht nicht lebenswichtig, dennoch aus unserer Sicht besonders wertvoll, halfen die Nachrichten über Satellit doch mehrfach bei Entscheidungen zu Kurs und Segelführung, sowie bei der Vorbereitung auf die Bedingungen, die die nächste Nacht oder der nächste Tag für uns bereithalten würden. Danke Daniel!

Statistik:
2712 Seemeilen waren wir unterwegs, 49 davon, fast ausschließlich im Einflussbereich der Kanaren, unter Motor. Die ersten beiden Tage segelten wir mit einem Rundsegel. Hat prima funktioniert, brachte aber nicht die Geschwindigkeit, die wir von unserem Passatsegel her kannten. Deshalb riggten wir vor Einbruch der Nacht unsere Passatbäume und segelten fortan mit unserem Passatsegel, bis in die Anfahrt des English Harbour. Wir brauchten 20 Tage und 2 Stunden für die Strecke, erreichten also eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 5,6 Knoten. Es war windig! Nur im Einflussbereich der Kanaren blies der Wind mit weniger als 20 Knoten. Ansonsten sahen wir überweigend 20-25 kt. Wind, zeitweise 25-30 kt, Boen auch deutlich darüber. Seit Beginn der Segelzeit haben wir nun 8.656 Seemeilen zurückgelegt, der Gesamtzähler steigt auf 15.267 Seemeilen.

Weitere Bilder der Überfahrt findest Du wie immer im Fotoalbum.

Tags: ···

No Comments so far ↓

There are no comments yet...Kick things off by filling out the form below.

Leave a Comment